Eine Auswertung von über 500 wissenschaftlichen Veröffentlichungen – eine sogenannte Metastudie – analysiert die Potenziale des Biolandbaus. Sie zeigt, dass dieser in vielen Bereichen eine tiefere Umweltbelastung zur Folge hat als andere Wirtschaftsformen. In einem neuen Podcast erläutert der Hauptautor und FiBL-Geschäftsleitungsvorsitzende Jürn Sanders die Ergebnisse.
Der Biolandbau gilt als nachhaltige Bewirtschaftungsform, deshalb wird er spezifisch gefördert. Allerdings gibt es in Politik und Wissenschaft unterschiedliche Einschätzungen hinsichtlich seiner Potenziale. Um einen fundierten Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zu bekommen und die gesellschaftlichen Leistungen des Biolandbaus differenziert zu bewerten, hat ein Forschungskonsortium die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema ausgewertet.
528 Veröffentlichungen ausgewertet
Besonderes Augenmerk wurde in der Studie auf die Bereiche Wasserschutz, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Klimaschutz und -anpassung, Ressourceneffizienz sowie Tierwohl gelegt. Die Studienautorinnen und Studienautoren haben 528 Veröffentlichungen ausgewertet, in denen insgesamt 33 Vergleichsparameter zwischen biologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben betrachtet wurden. Die Ergebnisse sind nun in der internationalen Fachzeitschrift «Organic Agriculture» veröffentlicht worden. Aus diesem Anlass hat Jürn Sanders, Hauptautor und Vorsitzender der FiBLGeschäftsleitung, die Resultate in einem neuen FiBL-Focus-Podcast unter die Lupe genommen.
Mehr Regenwürmer und Biodiversität
Die Studie verdeutlicht, dass der Biolandbau ein hohes Potenzial zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser hat. Positiv wirkt sich dabei der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel aus. In den ausgewerteten Untersuchungen verminderte eine biologische Bewirtschaftung zudem die Stickstoffausträge im Mittel um 28 Prozent.
Vorteile des Biolandbaus zeigen sich auch bei der Bodenfruchtbarkeit. Die Häufigkeiten und Biomassen von Regenwurm-Populationen waren hier im Mittel um 78 bzw. 94 Prozent höher. Bei 62 Prozent der Vergleiche hatte Biolandbau im Oberboden eine geringere Versauerung zur Folge. Beim pflanzenverfügbaren Phosphorgehalt konnte hingegen keine eindeutige Tendenz festgestellt werden.
Auch bei der Biodiversität gibt es positive Auswirkungen des Biolandbaus. So ist etwa die mittlere Artenzahl der Ackerflora um 95 Prozent, diejenige der Feldvögel um 35 Prozent und die der blütenbesuchenden Insekten um 23 Prozent erhöht.
Positiv bei Hochwasserschutz und Ressourcenverbrauch
Weniger eindeutig ist der Beitrag des Biolandbaus zum Klimaschutz. Durch eine höhere Kohlenstoffspeicherungsrate und verminderte Lachgasemissionen emittieren Biobetriebe gemäss der Auswertung im Mittel effektiv 1082 kg weniger CO₂-Äquivalente pro Hektare und Jahr. Aufgrund des niedrigeren Ertragsniveaus im Biolandbau sind die ertragsbezogenen Klimaschutzleistungen im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft jedoch vermutlich vergleichbar. Die Studienergebnisse unterstreichen zudem, und zum Hochwasserschutz beitragen kann. Der Humusgehalt und die Aggregatstabilität waren im Biolandbau im Mittel 26 Prozent bzw. 15 Prozent höher; bei der Infiltration wurde ein Unterschied von 137 Prozent festgestellt. Dadurch werden Oberflächenabfluss und Bodenabtrag vermindert.
Der sparsame Ressourcenverbrauch im Biolandbau spiegelt sich unter anderem in der Stickstoff- und Energieeffizienz wider. In beiden Bereichen erwies sich der Biolandbau als vorteilhafter. Im Pflanzenbau war die Stickstoffeffizienz im Mittel 12 Prozent, die Energieeffizienz 19 Prozent höher als im konventionellen Landbau.
Tierwohl – Management wichtiger als Wirtschaftsweise
Kein klares Bild zeigte sich beim Tierwohl. Bei 46 Prozent der Vergleichspaare wurden keine eindeutigen Unterschiede zwischen ökologischer und konventioneller Tierhaltung festgestellt. Die biologische Wirtschaftsweise wies bei 35 Prozent der Vergleichspaare Vorteile auf, die konventionelle bei 19 Prozent. Bei der Tiergesundheit sind keine grundlegenden Unterschiede festzustellen; das Management scheint hier entscheidender zu sein als die Wirtschaftsweise.
An der Veröffentlichung waren neben dem FiBL auch das Thünen-Institut, die Universität Kassel, die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, die Justus-Liebig-Universität Giessen, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, die TU München und das Zentrum für angewandte Forschung und Technologie an der HTW Dresden beteiligt. Gefördert wurde das Projekt mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Bioqualität – und die Verarbeitung
Bioqualität entsteht in erster Linie in Feld, Stall und auf der Weide – sprich: In der Biolandwirtschaft und -tierhaltung entsprechend den Anforderungen der Schweizer Bio-Verordnung und weltweit gleichwertiger Grundanforderungen wie der EU-Bioverordnung. In der Schweiz wirtschaften zudem fast alle Biolandwirtschaftsbetriebe zusätzlich nach den Richtlinien der Bio Suisse, mit dem in der Vermarktung stark präsenten Knospe-Label.
Und die Verarbeitung: Wer Bioprodukte herstellt und entsprechend deklariert vermarket, muss ebenfalls umfassende Anforderungen erfüllen und untersteht wie die Landwirtschaft der Zertifizierungspflicht durch eine staatlich anerkannte Zertifizierungsstelle. Somit wird entlang der ganzen Wertschöpfungskette sichergestellt, dass «wo Bio draufsteht, Bio drin ist». Bioverarbeitungsqualität ist jedoch viel mehr: Erfahrene Verarbeitungsbetriebe profilieren sich mit «Bio Best Practice» und praktizieren eine naturbelassene, schonende Verarbeitung und eine nachhaltige Ressourcen-Optimierung. Neben traditionellen Verfahren kommen dabei auch innovative Technologien zum Einsatz, die Vorteile mit Blick auf diese Ziele bieten.